Ein Mainzer Juraprofessor, als er nach den Studienvoraussetzungen der Erstsemester befragt wurde, antwortete: „Studenten sollten gute Lateiner und Mathematiker sein und damit Wissenschaftsethos und kombinatorische Intelligenz mitbringen.“
Latein ist eine Denkschule, die die intellektuelle Entwicklung Ihres Kindes fördert. Lateinische Texte müssen systematisch erschlossen werden. Sie trainieren daher wie keine anderen Texte das logische Denken und das genaue Hinsehen (mikroskopisches Lesen). Mathematisch-naturwissenschaftlich orientierte Schüler*innen bringen häufig ähnliche Interessen und Fähigkeiten mit.
Latein ist die Muttersprache Europas: Englisch, Spanisch, Portugiesisch, Französisch, Italienisch, Rumänisch u.a. sind als Folge der Ausdehnung des Römischen Reiches direkt aus dem Lateinischen entstanden. Nahezu ein Drittel des Grundwortschatzes dieser modernen Fremdsprachen hat seinen lateinischen Stamm unverändert bewahrt.
Schüler*innen erlernen und verstehen moderne Fremdsprachen wie Französisch, Spanisch, Portugiesisch oder Italienisch leichter mithilfe der Basissprache Latein, die man als „Generalschlüssel“ zu anderen Fremdsprachen verstehen kann. („Mit Geld, Latein und einem guten Gaul kommt man durch ganz Europa.“)
Latein ist die Quelle von 75 % der Fremd- und Lehnwörter im Deutschen. Daher beherrschen Lateinschüler*innen in Studium oder Ausbildung wesentlich leichter und schneller die in der heutigen Berufswelt unverzichtbaren Fachbegriffe.
Beispiele:
„Alternative“ von „alter“ – der andere
„Kongruenz“ von „congruere“ – übereinstimmen
„Rezession“ von „recedere“ – zurückweichen
„Addition“ von „addere“ – hinzufügen
Unzählige Produktnamen, Medikamente oder Alltagsgegenstände haben lateinische Bezeichnungen (Alete, Arte, Audi, Dolormin, Duracell, Focus, Labello, Lenor, Magnum, Mars, Mucosolvan, Nivea, Penaten, Prodomo, Vobis, Volvo, Vox).
Wer Latein erlernt, verbessert seine Ausdrucksfähigkeit und Lesekompetenz im Deutschen. Der Umgang mit lateinischen Texten erzieht zur intensiven Auseinandersetzung mit der eigenen Muttersprache und erweitert zugleich Wortschatz und Ausdrucksvermögen. Komplexe Satzperioden verlieren ihren Schrecken. Latein ist somit eine Art „Software“, die es ermöglicht, Texte von Grund auf zu verstehen, Zusammenhänge herzustellen und über Sprache kritisch zu urteilen. Angesichts der Flut an oberflächlichen Informationen ist dies eine unabdingbare und selten gewordene Schlüsselkompetenz, von der auch andere Fächer profitieren (Synergieeffekte).
Lateinunterricht ist von Anfang an immer auch Grammatikunterricht. So gewinnen die Schüler*innen von der ersten Stunde an Sicherheit im Umgang mit den grammatikalischen Fachbegriffen (z.B. Prädikat, Partizip, Attribut, Konjunktiv).
Latein schult direkt berufsrelevante und nicht mehr selbstverständliche Schlüsselqualifikationen: Gründlichkeit, Sorgfalt, Genauigkeit, Konzentrationsfähigkeit, Ausdauer, Blick für Zusammenhänge und „Sitzfleisch“ werden immer wieder beansprucht und trainiert. Viele Personalchefs vermissen diese Fähigkeiten.
Anders als in modernen Fremdsprachen wird Unterrichtszeit nicht in das Erlernen einer fremden Aussprache investiert, sondern schwerpunktmäßig in das Analysieren und Verstehen sprachlicher Strukturen (Sprachlogik). Unterrichtssprache ist nämlich Deutsch. Aussprache und Schreibweise sind identisch. Das kommt auch jenen Schüler*innen zugute, die Schwierigkeiten mit der Aussprache in Fremdsprachen haben. So können sie gleichwohl Freude am Sprachunterricht entwickeln.
Das Schulfach Latein ist äußerst breit aufgestellt und allgemeinbildend, denn es vermittelt die Grundlagen der europäischen Kultur durch Basistexte aus den Bereichen Geschichte (Caesar, Livius, Tacitus), Philosophie (Sokrates, Platon, Seneca, Cicero), Rhetorik (Quintilian, Cicero), Naturwissenschaften (Plinius, Vitruv) oder Dichtung und Mythologie (Catull, Properz, Horaz, Ovid).
Durch Exkursionen wird Latein für die Schüler:innen anschaulich und an der Quelle erfahrbar. Auch im Einsatz moderner Medien (Whiteboard, Lernsoftware, Online-Lernprogramme, Lernspiele, Caesar oder Ovid als lateinische Comics) steht Lateinunterricht anderen Schulfächern in nichts nach. Immer wieder bieten sich aktuelle Unterrichtsthemen an, die direkte Querverbindungen von heute zu damals aufzeigen:
- Vergil beschreibt die Flucht des Aeneas (Gründungsvater der Römer) von Troja durch das Mittelmeer nach Italien.
- Phaedrus verfasste lehrreiche Fabeln, deren Aktualität sich an heutigen Themen vielfach aufzeigen lässt.
- Plinius d. Jüngere war Augenzeuge des Vulkanausbruchs von Pompeji 79 n. Chr. und gibt Einblicke in die Christenverfolgung der frühen Kaiserzeit.
- Ausonius überliefert mit der Mosella eine Reisebeschreibung entlang der Mosel von Bingen durch den Hunsrück nach Trier.
- Martial und Iuvenal verfassten Spottepigramme und Satiren, die den antiken Lebensalltag zeigen.
- Catull, Tibull, Properz oder Ovid widmen sich u.a. dem Thema Liebe, das damals wie heute identisch ist.
- Cicero diskutiert in „de re publica“ die Vor- und Nachteile politischer Staatsformen.
- Ebenso schriebt Cicero über Freundschaft und geht der Frage nach, was einen guten Freund ausmacht.
- Der Philosoph Seneca klärt über Philosophie und besonders den Stoizismus auf, zu dem z.B. in „Star Wars“ immer wieder Parallelen zu finden sind.
- …
Das Latinum wird erreicht, wenn man entweder von Klassenstufe 6-10 oder 8-13 am Lateinunterricht teilgenommen hat und mit mindestens „ausreichend“ (ohne gesonderte Abschlussprüfung) besteht.
Das Latinum kann an der Universität Studienvoraussetzung für bestimmte Studienfächer sein. Auch in Fächern, bei denen es keine formale Voraussetzung ist, stellt es für Student:innen eine große Hilfe dar. Das späte Nacharbeiten des Latinums an der Universität kostet mindestens ein Jahr Zeit und muss mit einer eigenen Zusatzprüfung (Klausur und mündliche Prüfung) an der Universität bestanden werden. Bisweilen musste ein Studium komplett abgebrochen werden, weil das Latinum auch im zweiten Anlauf nicht erreicht wurde.
Latein wird aktuell ab der 6. in jeder Jahrgangsstufe angeboten (2. FS.: 6: 5 St.; 7: 4 St..; 8-10: 3 St. / 3. FS.: 8-10: 2 St.). In der MSS kann es zu Kopplungen mit dem DBG kommen.
In den Klassenstufen 6-9 arbeiten Lateinschüler:innen mit dem Lehrbuch, ab Klasse 9 bzw. nach Abschließen des Lehrbuchs wird eine Übergangs- bzw. Anfangslektüre (z.B. Fabeln des Phaedrus) behandelt, um dann ab Klasse 10 und in der Oberstufe Hauptlektüre zu behandeln.
Lateinunterricht hat sich inhaltlich und methodisch stark verändert in den vergangenen Jahren. Es wird natürlich immer noch ausgehend von lateinischen Originaltexten bzw. Lehrbuchtexten unterrichtet, aber die Herangehensweise ist eine komplett andere als früher:
Texte werden dadurch lebendiger, dass wir sie einfallsreich und systematisch erschließen, illustrieren und vielfältig interpretieren. Latein besteht nicht nur aus Vokabeln und (sinnvoller) Grammatikarbeit, sondern auch aus Kultur- und Realienkunde. Dies geschieht bei jüngeren Schüler:innen eher auf spielerische Art und Weise und bei älteren Schüler:innen durch altersentsprechende Themen.
So werden beispielsweise Ovid oder Caesar in Form von Comics gelesen. Kreative Aufgaben wie die Fehlersuche in einer vorgegebenen Übersetzung, direkter Vergleich mehrerer Übersetzungen, Markierung gesuchter Satzteile oder die graphische Darstellung der Syntax (d.h. des Satzbaus) etwa durch Kolometrie (Einrückmethode) sind nur einige Beispiele für aktuelle Texterschließung.
Unsere Fachschaft Latein steht Ihnen gerne für Rückfragen zur Verfügung.
Über das Fach Latein wird bei folgenden Veranstaltungen zusätzlich informiert: