„Einige waren Nachbarn.“

Exkursion des Stefan-Andres-Gymnasiums zur KZ- Gedenkstätte Osthofen.

Am 06. und 27.10.2021 besuchten die 10. Klassen des Stefan-Andres-Gymnasiums in Schweich das ehemalige KZ Osthofen. Diese Exkursion fand im Rahmen der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus im Geschichtsunterricht statt. Im Vordergrund stand dabei, das Gedenken und Erinnern an die Opfer der nationalsozialistischen Diktatur an einem authentischen Ort zu ermöglichen.

In der heutigen Gedenkstätte konnte man nicht nur etwas über die Bedingungen in dem KZ lernen, sondern auch darüber, wie die umliegende Bevölkerung darauf reagierte. Nach einem Außenrundgang über das Gelände des ehemaligen Lagers besuchten die Schülerinnen und Schüler die Dauerausstellung „Verfolgung und Widerstand in Rheinland-Pfalz 1933-1945“.

Das KZ Osthofen war ursprünglich eine Papier-und Pappdeckelfabrik in den 1920er Jahren und wurde zwischen März 1933 und Juli 1934 als eines der ersten staatlichen Konzentrationslager in Deutschland genutzt.

Allerdings war es weder ein Arbeitslager noch ein Tötungslager. Stattdessen wurden in Osthofen ausschließlich politische Gegner und Menschen inhaftiert, die nicht in die Ideologie der Nazis passten. Den meisten der überwiegend aus dem damaligen Volksstaat Hessen stammenden Schutzhäftlingen warf man offiziell vor kommunistische staatsgefährdende Gewaltakte geplant oder bereits durchgeführt zu haben. Oft waren sie Mitglieder der KPD oder der SPD.

Anders als in anderen Konzentrationslagern kam es in Osthofen zu keinen Todesfällen.

Osthofen

Die Inhaftierten wurden überwiegend psychisch gefoltert. Zum Beispiel mussten sie viele unnötige Arbeiten leisten, wie zum Beispiel einen Nagel krumm schlagen, nur damit ihn jemand anderes dann wieder gerade schlagen konnte. Ebenso mussten die Insassen regelmäßig die Latrine mit ihrem Essensbesteck säubern. Die einzigen Hinweise auf physische Folter fand man im etwas weiter vom Hauptlager entfernten Gebäude 2. Von dort berichteten Anwohner, dass man immer wieder Schreie hören würde. Zwar konnte man von außen das KZ sehen, da es direkt an den Zugleisen lag. Durch die falsche Propaganda wurde es aber kaum mit einem Ort der Folter in Verbindung gebracht. Jüdische Häftlinge wurden deutlich schlechter als ihre Mitgefangenen behandelt. Beispielsweise wurde ein Mann von einer Wache gezwungen Schweinefleisch an einem jüdischen Feiertag zu essen, an dem eigentlich streng gefastet wird.

Textfeld:  Der Blick in die sehr karge betonierte Lagehalle ohne Betten, Tische und Stühle, die den Häftlingen in dieser Form als Schlaf- und Speiseraum diente, machte die schlechten Lebensumstände anschaulich nachvollziehbar.

In der Gedenkstätte gibt es neben dem Außengelände eine Ausstellung, die mit Hilfe von Texten und Originalfotos dokumentiert, wie die Stimmung zu dieser Zeit in der regionalen Bevölkerung war und wie die Ausgrenzung und Verfolgung unliebsamer Personen in der Frühzeit des Nationalsozialismus in Rheinland-Pfalz aussah. Viele Berichte zeigten, wie die Nachbarn reagierten, wenn ihre Mitbewohner abgeholt und anschließend ins KZ gebracht wurden.

In Osthofen war die umliegende Bevölkerung in den Anfängen des Konzentrationslagers sehr miteinbezogen. So wurden Anwohner oft als Wachen für die Gefangenen genutzt. Auch wurde sehr auf das äußerliche Ansehen des KZs geachtet. Mithilfe von gestellten Fotos und weiterer Propaganda vermittelte man der Bevölkerung das Gefühl, dass es den Gefangenen sehr gut ging. Das führte zu noch mehr Hass gegenüber den Insassen, da die Bevölkerung 1933/34 noch unter den Folgen Weltwirtschaftskrise litt.

Durch den Besuch in der Gedenkstätte lernten wir über ein interessantes, aber auch schreckliches Thema wirklich viel. Wenn die vielen Informationen noch etwas interaktiver präsentiert werden, wird der Gedenkort gerade für die jüngeren Besucherinnen und Besucher noch authentischer erfahrbar.

Aimeè Salomon, Lea Oldenburg und Fabienne Becker (10f)

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